Im Westen ist das Meer noch tief: Eine Reise zum Selbst (German Edition) by Peter Bernhard

Im Westen ist das Meer noch tief: Eine Reise zum Selbst (German Edition) by Peter Bernhard

Autor:Peter Bernhard [Bernhard, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Stellaazul Verlag
veröffentlicht: 2017-03-09T23:00:00+00:00


14.Der Narr

Am nächsten Tag brach Paul schon vor Claire auf. Er wollte allein sein und das Erlebte verdauen. Er hatte ihr eine Nachricht geschrieben, in dem er ein Treffen in einer bestimmten Herberge vorschlug. Er spürte noch immer die aufmerksame Leere von gestern und das war wunderbar. Er war eingehüllt in einen Frieden für den es keinen Grund gab und er war versucht, den Frieden wieder fortzuwischen, weil er so ungewohnt war. Aber er atmete ruhig und ließ sich von diesem Frieden so tief durchdringen, wie es ging. Ihm wurde schwindlig dabei, aber er hielt eine Weile durch. Langsam ebbte die Erfahrung ab und er versank wieder in Erinnerungen. Diesmal waren es nicht nur schmerzhafte. Die Erinnerungen an Peggy und Carlos waren so bereichernd, dass er fürchtete, sie nicht genügend gewürdigt zu haben. Am Vormittag führte ihn der Weg über eine niedrige lange Römerbrücke. Das ehemals breite Flussbett war jetzt nur noch von einem kleinen Flüsschen durchflossen. Paul ließ sich in einem Café nieder, direkt an der Gasse, durch die der Camino führte. Der Wind war noch kühl und das Licht klar und weiß. Danach ging es durch Haine von jungen Eichen. Er erinnerte sich an Carlos, der gesagt hatte:

„Es gibt einen Teil deines Geistes, der immer hier ist. Das ist der Raum in dem die Welt erscheint. Der andere ist das kleine Ich, für das du dich hälst, ohne es je zu hinterfragen. Wenn du aufhören könntest, dich irgendeiner Sache oder Person zu widersetzen, würdest du verschwinden und dich in den Armen der Sophia, der Liebe, befinden. Das ist die Übung des Feuers, in dem die Hexe verschwindet. Ohne Widerstand gibt es keine Welt der Trennung mehr.“

Paul machte diese Übung und veränderte tatsächlich sich seine Wahrnehmung hin zu einem vereinigten Feld. Jetzt bedeutete sein Herzensgebet, dass er Teil des Ganzen war. Eine lange öde Wanderung folgte, bis er Astorga erreichte. Erschöpfung war ein Normalzustand. Trotzdem spazierte er am Nachmittag oberhalb der alten Stadtmauer entlang. Astorga war eine wichtige Station auf dem Camino. Die Stadt besaß schon im Mittelalter eine Kathedrale und seit der Neuzeit einen Palast von Gaudi. Paul suchte Claire und andere bekannte Gesichter vergebens in der Stadt. Am Morgen brach er noch in der Dunkelheit auf. Es ging dann weiter durch Dörfer und Eichenwälder. Das Herzensgebet des Names ließ ihn immer mehr im Jetzt ankommen. Er fühlte es als einen Raum, der immer gleich war und der identisch war mit dem Geist des Gewahrseins, in dem sein Leben sich zu ereignete. Das Gebet fügte einen anderen Geschmack zu der Erfahrung, eine Erinnerung an die Liebe Jesu, etwas Lichtvolles. Paul dachte an den Traum mit dem Jaguar. Ob der Schatten wirklich von einem solchen Tier hergekommen war? Manchmal wusste man in Träumen mehr als im Wachzustand. Und was sollten diese leuchtenden Augen bedeuten? Sie zeigten mehrere Ringe aus Feuer. Die Pupille in der Mitte flößte ihm Grauen ein.

Danach ging es eine Bergkette hinauf, die in eine Wolkenwand hineinragte. Es dauerte Stunden bis er sie erreichte und sich an den Anstieg machen musste.



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